Bei einem Grossprojekt wie dem Neubau der Kehrichtverbrennungsanlage in Oftringen müssen die Bevölkerung, Behörden, Organisationen und Interessierte eingebunden werden. Die erzo kommt dem durch verschiedene Informationsanlässe nach – unter anderem durch einen Round Table mit den Umweltverbänden des Kantons Aargau.
«Es ist uns ein grosses Anliegen, alle Dialoggruppen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt proaktiv und transparent in den Projektprozess miteinzubeziehen. Dazu fühlen wir uns als öffentliches Unternehmen und Eigentum von insgesamt elf Verbandsgemeinden auch verpflichtet»: Die einleitenden Worte von erzo-KVA-Präsident Hans-Martin Plüss symbolisieren die Grundlage für das erste Round Table, das am Montag, 11. November 2024 zu den Projekten «enphor» und «renzo» in Oftringen veranstaltet wurde. Eingeladen dazu waren Natur- und Umweltorganisationen, die im Kanton Aargau vertreten sind (siehe Box).
50 Jahre nach Gründung der erzo durch die Verbandsgemeinden und der Inbetriebnahme der KVA in Oftringen im Jahr 1976 stehen mit «enphor» und «renzo» zwei ambitionierte und zukunftsweisende Projekte an. Sie sind mit einer ganzen Reihe von Herausforderungen verbunden, auch solchen, die für Natur- und Umweltverbände von grossem Interesse sind – namentlich Verkehr, Luftreinhaltung, Lärm, Boden- und Grundwasserschutz, Lebensräume von Tieren und Pflanzen und einer vorausschauenden Störfallvorsorge, um nur einige zu nennen.
Verkehr nimmt nicht proportional zu
Die Vertreter der Natur- und Umweltorganisationen wurden dabei über die Motivation zum Neubau der ersten KVA (die Anlage entspricht nicht mehr dem heutigen Stand der Technik, die Energienutzung muss deutlich verbessert werden) genauso informiert wie auch in die Überlegungen miteinbezogen, weshalb es eine Kapazitätsausweitung braucht (primär das im Kanton Aargau im Vergleich zur übrigen Schweiz erwartete und weit überdurchschnittliche Bevölkerungswachstum). Wie der «renzo»-Projektpartner Renergia mit der Kapazitätserweiterung der heute grössten Schweizer KVA, jener in Perlen, umgegangen ist, zeigte der anwesende Vizepräsident der Renergia, Jean-Claude Balmer, auf: «Als wir damals die Kapazität der Anlage mit 200’000 Tonnen kommunizierten, ging ein Aufschrei durchs Land. Heute sind wir komplett ausgebucht und laufen am Rand unserer Möglichkeiten.»
Vertieft wurde im Rahmen der Präsentation auch das Thema Verkehr: «Ja», sagte Hans-Martin Plüss, «es wird zu Mehrverkehr kommen – allerdings nicht proportional zur Steigerung der Kapazität.» In Zahlen: Auf den drei Zufahrten zur KVA werde künftig mit 41 zusätzlichen Lastwagen pro Tag gerechnet, sagte Plüss – «aber das ist mit Blick auf die 21’221 Fahrzeuge, die bereits heute auf der Wiggertalerstrasse und der Nigglishüserstrasse verkehren, nicht wahrnehmbar.» Der Schlüssel liege darin, dass es aufgrund eines neuen Anlieferungsregimes künftig zu viel grösseren Einzellieferungen kommen werde.
Für die Umweltverbände von Interesse war auch die künftige Nutzung der produzierten Energie. Hier steht mit der deutlichen Steigerung der Fernwärmeproduktion von heute 25 auf 180 GWh pro Jahr eine nach Bund klimafreundliche Energie in viel grösserem Ausmass zur Verfügung. Gleichzeitig wird auch die auf Basis der Abfallverbrennung produzierte Menge an Strom für die Region gesteigert – von heute 56 auf künftig 70 GWh pro Jahr.
Grossen Wert legten die Projektverantwortlichen auch auf den Hinweis, dass es bei den Projekten «enphor» und «renzo» auch darum geht, eine optimale Balance zu finden. Nämlich jene zwischen Entsorgungssicherheit, zu der man von Gesetzes wegen verpflichtet ist, dem Sicherstellen eines ökologischen Mehrwerts durch die Produktion von klimafreundlicher Energie und der nötigen wirtschaftlichen Tragfähigkeit, ohne die ein Betrieb keine Perspektive hat. Schliesslich gehe es auch darum, die Entsorgungskosten für die Bevölkerung der Verbandsgemeinden auf einem möglichst günstigen Niveau zu halten. Als Hinweis für die Umweltverbände ebenfalls relevant: Die neue KVA wird sich selbstverständlich nicht nur an die geltende Luftreinhalteverordnung der Schweiz (LRV) halten, sondern orientiert sich an den ungleich strengeren Grenzwerten gemäss (noch zu verabschiedenden) EU-Richtlinien auf der Basis der «besten verfügbaren Technik».
Die Türen stehen offen
Aufgezeigt wurde den Vertretern der Umweltverbände auch der (politische) Prozess, den das Projekt noch durchlaufen muss (Richtplanverfahren, Nutzungsplanungsverfahren, Baubewilligungsverfahren) und damit jene Möglichkeiten, in denen sie sich im Rahmen von Vernehmlassungsverfahren noch konkret einbringen können (Umweltverträglichkeitsprüfungen im Sinne einer Vor- und einer Hauptuntersuchung). Parallel dazu wird die erzo die mit dem Round Table initiierte Zusammenarbeit mit den Natur- und Umweltverbänden auf der informellen Ebene weiterführen – das erste Round Table versteht die erzo auch als Zeichen, dass ihre Türen für einen konstruktiven Austausch auch künftig weit offen stehen.
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Die Projekte
«renzo» steht für den Ersatzbau der Energiezentrale mit einer Kapazität von künftig 160’000 Tonnen Abfall pro Jahr, «enphor» für das Gesamtprojekt, das, parallel zum Ersatzbau der KVA neben der Produktion von Fernwärme auch ein Projekt zur Klärschlammtrocknung und zum Recycling von Phosphor beinhaltet.
Die Teilnehmer
Eingeladen zum Round Table waren Umweltverbände des Kantons Aargau, namentlich der WWF Aargau, pro natura Aargau, BirdLife Aargau, die VCS Sektion Aargau, Stiftung umweltengAGement, Naturfreude KV Aargau, Naturnetz Mittelland, Stiftung Lebensraum Aargau, Natur- und Vogelschutzverein Oftringen und der aargauische Fischereiverband.
Das Team
Zum «enphor»-Projektteam gehören: Friedrich Studer, Geschäftsführer erzo-KVA und erzo-ARA, Olivier Christmann, Gesamtprojektleiter «renzo» sowie Simone Martinoli, Projektmitarbeiter.